About #AusPrinzip
Im September 2023 ist es genau 50 Jahre her, dass der erste Antrag zur Fristenregelung im Parlament eingebracht wurde. Gleichzeitig zeigen Versorgungslücken, die hohen Kosten und der Druck durch rechtskonservative Gruppen auf, dass sich zu wenig tut, um Schwangerschaftsabbruch für alle, die ihn brauchen, zu ermöglichen. Deswegen haben sich Gynäkologinnen, Kommunikationsexpertinnen, Aktivistinnen, Politikerinnen und viele mehr zusammen getan, um mit der Plattform #AusPrinzip aufzuzeigen.
Die Kampagne soll Feministinnen, politisch Engagierten, Gruppen und Einzelpersonen die Möglichkeit geben, sich für ein Recht auf einen entkriminalisierten und selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch zu engagieren. Die Agentur P&B stellt dafür kommunikative Tools zu Verfügung, die bestellt und genutzt werden können und koordiniert PR-Maßnahmen. Alle werden motiviert, in ihrem eigenen Umfeld, ihrer Organisation oder in ihrem Freund*innenkreis Aktivitäten zu #AusPrinzip zu starten.
Du willst dich auch für einen entkriminalisierten, kostenfreien und in Wohnortnähe angebotenen Schwangerschaftsabbruch einsetzen? Gib hier dein Statement ab.
§96 streichen
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Aktuelle Situation und historischer Kontext
Das Recht auf Schwangerschaftsabbruch ist schon immer umstritten und durch frauenpolitische Bewegungen und gesellschaftliche Kämpfe geprägt. Auch im Jahr 2023 ist es ein stigmatisiertes und kontroverses Thema, das eng mit religiösen, konservativen und patriarchalen Vorstellungen zusammenhängt.
Der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen ist ein Menschenrecht. Verankert ist das durch die General Comments des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen auf das Recht auf Leben. UNO-Vertragsstaaten sind verpflichtet, sichere, legale und effektive Zugänge zu einer Abtreibung zu gewähren. Die Unterstützung durch medizinische Dienstleister*innen darf nicht kriminalisiert werden.
Trotzdem steht besonders in den letzten Jahren das Selbstbestimmungsrecht von Frauen immer stärker unter Beschuss: In immer mehr Ländern wird Schwangeren der Zugang zu sicheren legalen Abtreibungen entzogen. In Polen hat 2020 der Verfassungsgerichtshof in einem Urteil gegen das bestehende Abtreibungsgesetz ein fast vollständiges Abtreibungsverbot erwirkt. In den Vereinigten Staaten gab es fast 50 Jahre lang das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, bis der konservativ ausgerichtete Supreme Court 2022 das alte Grundsatzurteil “Roe v. Wade” aufgehoben hat. Seitdem gibt es in den USA kein grundsätzliches Recht auf Schwangerschaftsabbruch.
Diese Entwicklungen zeigen: Einmal erkämpfte Rechte sind nicht sicher, sondern müssen immer wieder verteidigt und neu ausgelegt werden.
Die Situation in Österreich
In Österreich ist die rechtliche Lage in Bezug auf Schwangerschaftsabbrüche zwar besser, aber auch hier gibt es großen Nachholbedarf. Historisch hat der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen einen langen Weg hinter sich. Unter Maria Theresia wurden Schwangerschaftsabbrüche mit dem Tod bestraft. Ab 1852 wurden Abtreibungen als Verbrechen im österreichischen Strafgesetz geregelt. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Strafrahmen verschärft: Einer Frau, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lies, drohte die Todesstrafe, wenn sie „Arierin” war. 1945 wurde schließlich das österreichische Strafgesetz in der Fassung von März 1938 inklusive des während des Austrofaschismus neu formulierten § 146 wieder in Kraft gesetzt.
Die „Fristenlösung“
In den frühen 1970er-Jahren wurde die Forderung nach straffreien Schwangerschaftsabbrüchen immer lauter. Vor allem die autonome Frauenbewegung, KPÖ-Frauen und Sozialdemokratinnen setzten sich dafür ein. Als die SPÖ 1971 erstmals die absolute Mehrheit im Parlament gewann, legte der damalige Justizminister Christian Broda einen Entwurf für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs vor. Dieser Entwurf enthielt jedoch nur eine erweiterte Indikationslösung - die Möglichkeit des Abbruchs unter bestimmten Umständen. Erst durch Druck von Frauenorganisationen konnte die „Fristenlösung“, die den Schwangerschaftsabbruch innerhalb einer bestimmten Frist straffrei stellt, durchgesetzt werden. Konservative, insbesondere die katholische Kirche und die „Aktion Leben“, stellten sich gegen die geplante Gesetzesänderung. Es gab Protestaktionen und ein Volksbegehren zum „Schutz des menschlichen Lebens“, das fast 900.000 Unterschriften erhielt. 1973 wurde die Fristenlösung dennoch mit den SPÖ-Stimmen im Parlament beschlossen – ÖVP und FPÖ hatten sich von Beginn an dagegen gestellt.
Mit Jahresbeginn 1975 trat die Fristenlösung in Kraft.
Seitdem hat sich in Österreich nichts verändert.
Schwangerschaftsabbrüche sind noch immer unter § 96 im österreichischen Strafgesetzbuch verankert. Die rechtliche und tatsächliche Situation von Menschen, die ihre Schwangerschaft abbrechen wollen, ist damit nicht mit dem Menschenrecht auf legale, sichere und effektive Abtreibungen vereinbar.
Denn obwohl der Verfassungsgerichtshof schon in den 1970er Jahren entschieden hat, dass es verfassungsrechtlich zulässig wäre, den Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, ist das bis heute nicht passiert. Schwangere sind deshalb in Österreich prinzipiell verpflichtet, eine Schwangerschaft auch gegen ihren Willen fortzusetzen. Straflos bleibt ein Schwangerschaftsabbruch nur, wenn einer von fünf gesetzlich geregelten Fällen der Fristen- und Indikationenlösung vorliegt. Dazu kommt, dass der Zugang zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen nicht genau geregelt ist. Weder Krankenhäuser noch niedergelassene Ärzt*innen sind dazu verpflichtet, Abtreibungen durchzuführen. Aufgrund der Gewissensklausel in § 97 Abs 2 StGB können sie eine Abtreibung, außer bei Lebensgefahr der Schwangeren, jederzeit ablehnen. Weil die Kosten für Abtreibungen von den Krankenkassen nicht übernommen werden, gibt es zudem keinen fixen Preis und die Kosten für Schwangerschaftsabbrüche in Österreich sind im Vergleich zu anderen Ländern sehr hoch. Schwangerschaftsabbrüche werden hauptsächlich privat durchgeführt, weil sich öffentliche Spitäler nicht dazu bereit erklären. In Wien führt nur die Klinik Ottakring einmal die Woche Schwangerschaftsabbrüche durch. Damit ist eine flächendeckende Versorgung und ein allgemeiner und diskriminierungsfreier Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in Österreich nicht gegeben.
Die Selbstbestimmung über den weiblichen Körper und damit der legale, sichere und effektive Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen sollte selbstverständlich sein, deshalb fordern wir #AusPrinzip, dass der § 96 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wird. Ein Schritt, der längst überfällig ist. Statt der Fristenlösung braucht es eine andere Lösung für den Schwangerschaftsabbruch. Nach einem halben Jahrhundert ist es an der Zeit für eine Entkriminalisierung und mehr Selbstbestimmung:
Deswegen § 96 streichen #AusPrinzip.
#AusPrinzip raus aus dem Strafgesetz
#AusPrinzip kostenfrei
#AusPrinzip in Wohnortnähe
https://www.derstandard.de/story/2000140158521/abtreibung-ist-okay-aber-nicht-in-polen
https://frauenrechte.de/unsere-arbeit/themen/sexuelle-und-reproduktive-rechte/aktuelles/5162-schwangerschaftsabbruch-weltweit-legal-oder-verboten
https://www.prochoiceaustria.at
https://www.nationalgeographic.de/geschichte-und-kultur/2022/06/abtreibung-in-den-usa-die-geschichte-von-roe-v-wade
https://www.nzz.ch/international/abtreibungsrecht-in-den-usa-das-oberste-gericht-kippt-die-nationale-liberalisierung-gliedstaaten-koennen-entscheiden-ld.1657827?reduced=true
https://www.ohchr.org/sites/default/files/Documents/HRBodies/CCPR/CCPR_C_GC_36.pdf